Hospiz im Alltag
Halbzeit - Zwischengedanken von einem Freiwilligen Sozialen Jahr im stationären Hospiz
Sechs Monate. Die Hälfte meines Freiwilligen Sozialen Jahres ist schon vorbei und ich bin stolz auf mich. Darauf, wie viel ich gelernt habe – über Menschen, über mich, Hauswirtschaft, die Vergangenheit („Die guten alten Zeiten gab es nie!“), den Tod - und was ich erlebt habe. Ein halbes Jahr voller Erfahrungen also, für das ich mich wieder so entscheiden würde.
Die Arbeit macht mich glücklich und zufrieden, weil ich oft ein Dankeschön bekomme, weil ich mich nützlich fühle und ich den Bewohnerinnen und Bewohnern ein Lächeln schenken kann. Ich erlebe Wertschätzung und Anerkennung meiner Arbeit. Ein Angehöriger hat zum Beispiel zu mir gesagt: „Sie machen einen tollen Job!“ So etwas tut gut. Ein wunderbarer Augenblick war die Umarmung, die mir eine Bewohnerin zum Dank geschenkt hat – das war etwas ganz Besonderes.
Viele Seiten könnte ich mit meinen Eindrücken füllen, weil jeden Tag etwas Außergewöhnliches passiert.
Die Weihnachtszeit war sehr ereignisreich. Backen, Dekorieren, der Verkaufswagen, der WDR im Haus, unsere Adventsfeier „Leben ist Begegnung“ ... Das Hospiz erlebe auch ich als Haus des Lebens - es wird gelacht, es wird geweint ... Es ist ein Kommen und Gehen. Nicht nur neue Bewohnerinnen und Bewohner, sondern auch neue Schülerinnen und Schüler aus der Krankenpflege kommen ins Hospiz. So lerne ich tolle Menschen kennen, muss mich aber auch ständig verabschieden.
Und dann war da noch mein Pflegepraktikum. Die Woche hat mir super gefallen: dazu lernen, helfen, mit anderen Menschen zusammenarbeiten, sehen, was in den Zimmern passiert. Ich war allerdings auch unsicher und bin dem Pflegeberuf, meiner Einschätzung nach, nicht gewachsen.
So eine geringe Distanz zu Menschen zu haben, war eine wichtige Erfahrung. Ich bewundere die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege für ihre Arbeit. Als ein Mann gestorben war, den ich mit gepflegt habe, war das ganz anders für mich. Ich kannte ihn und seine Frau so gut und habe die beiden mit ihren Eigenarten (er hat seine Frau „Puppe“ genannt) lieb gewonnen. Als er ging, war es irgendwie belastender als sonst.
Ja, manchmal ist es wirklich schwer. Manche hinterlassen durch ihren Tod eine große Leere - in der Küche, in den Zimmern und in den Köpfen der Mitarbeitenden. Auch die Angehörigen bleiben manchmal noch lange in den Herzen von uns. Kleine Dinge wie ein Lächeln, ein Witz, eine physikalische Erklärung, ein skeptischer Blick aufs Mittagessen ... All das kann unglaublich fehlen.
Vor kurzem habe ich die Wunschkarte einer Verstorbenen von einer Luftballon-Weitflug-Aktion im Hospizgarten gefunden. Als ich diese Karte in der Hand gehalten habe, hatte ich das Gefühl, diese Frau schickt uns einen Gruß aus dem Himmel: uns im Hospiz und ihren Lieben, die sie so sehr vermissen.
Ich habe noch nie so traurige Augen gesehen wie die von den kleinen Kindern einer verstorbenen Bewohnerin. Das war nur schwer zu ertragen für mich und einen Trost gab es nicht. Manchmal müssen Menschen einfach viel zu früh gehen; und bei uns auch manchmal zu viele: In weniger als 24 Stunden sind vier Bewohner verstorben. Das hat viele Mitarbeitenden an ihre Grenzen gebracht, glaube ich. Was für mich auch sehr schwer ist: Wenn Angehörige von meinen Freunden im Hospiz sterben. Das macht das Ganze wirklich und allgegenwärtig.
Unbewusst habe ich nach meiner Anfangszeit im Hospiz etwas Distanz aufgebaut, um mich eben vor solchen Situationen zu schützen und weil ich gespürt habe, wie weh es tut, wenn ein liebgewonnener Mensch stirbt.
Im Moment sitzen wieder viele Menschen in der Küche am Tisch zum Essen. Das ist einfach wunderbar. Einige drücken ihre Zufriedenheit aus und Bewohnerinnen und Bewohner helfen sich untereinander. Besonders schön ist es, wenn Freundschaften geschlossen werden und sie lachen und genießen. Es wird über Krankheiten, das Wetter, Enkelkinder … geredet und das hilft, so glaube ich, auch gegen ihre Angst. So wichtig können Mahlzeiten also sein!
Mal sehen, was das nächste halbe Jahr so für mich bereit hält – ich freue mich.
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