Ach, Herr!
Die Startbedingungen waren ausgezeichnet. Da war eine großartige Aussicht, etwas Großartiges zu schaffen. Es gab einen starken Partner, der ein nahezu unerschütterliches Vertrauen in den Erfolg hatte. Die Leute waren hoch motiviert, die Führungsriege war ausgezeichnet qualifiziert: Abraham und seine Familie. Sie sollten der Anfang eines bedeutenden Volkes werden. Abraham hatte diese Zusage Gottes: Du wirst ein großes Volk werden. Deine Nachkommen werden zahlreich sein. Du sollst für alle Völker der Erde ein Segen sein. Ich werde dich beschützen. Abraham vertraute Gott, auch wenn es am Anfang nicht nach einem schnellen Erfolg aussah. Die vielen Hindernisse und Unwägbarkeiten wurden mit Geduld und Gottvertrauen überwunden.
Die Kraft und die Dynamik des Anfangs konnten sich durch die Jahre und Zeitläufte nicht halten. Irgendwie geriet Gott, der große und starke Partner, immer wieder aus dem Blick. Das Selbstvertrauen wich der Selbstüberschätzung. Das Ende vom Lied: Nicht Segen, sondern Fluch legt sich über das Volk. Fremdherrschaft, Flucht, Vertreibung, Exil.
Asarja, ein junger Mann und Gefährte des Propheten Daniel, bringt in dieser Bedrängnis die ganze Situation in einem Gebet vor Gott: „Ach, Herr, wir sind geringer geworden als alle Völker. In aller Welt sind wir heute wegen unserer Sünden erniedrigt.“ (Dan 3, 37) Er beschwört Gott geradezu, an die Gnade des Anfangs zu denken. „Versag uns nicht dein Erbarmen, deinem Freund Abraham zuliebe.“ (V 35). Die Umkehr zu den Anfängen der Gnad, das ist für Asarja das Gebot der Stunde: „Wir kommen mit zerknirschtem Herzen und demütigem Sinn. Wir folgen dir jetzt von ganzem Herzen, fürchten dich und suchen dein Angesicht.“ (V 39,41)
Dieser Text aus dem alttestamentlichen Buch Daniel wird bevorzugt in der Vorbereitungszeit der Christen auf das Osterfest gelesen. Er macht sehr gut deutlich, worum es in dieser Zeit geht. Der ungeschönte Blick auf die Realität des Lebens und der Umstände, das ist der erste Schritt. Ein zweiter ist die Erinnerung an die Zusage Gottes, an seine Verheißung. Der Segen, den die Menschen empfangen haben, damit alles gut werde und das Leben gelingt, den gilt es sich erneut vor Augen zu stellen. Ja, da darf man auch klagen angesichts der großen Sorgen und Nöte, die alles andere als ein Segen sind.
„Ach, Herr …!“ Die Klage gehört zu einer lebendigen Gottesbeziehung. Ein emotionaler Dialog mit Gott kennt nicht nur Lobpreis und Dank. Der klagende Ruf vor Gott und nach Gott ist auch ein Ausdruck meiner Sehnsucht nach seiner Nähe. Wem sonst könnte ich all das vortrage, ohne jemanden zu überfordern? Die Klage ist ein dritter Schritt, der eines vierten bedarf. Er ist die Umkehr, eine neue Perspektive, der Blick auf den kommenden Weg. Dabei darf man nicht bei einem „zerknirschten“ Herzen bleiben. Neues Vertrauen aufzubauen, darum geht es. Das ist für den Beter Asarja ein entscheidender Schritt. Er sagt: „Denn wer dir vertraut, Herr, wird nicht beschämt.“
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
30.03.2019 | Foto: Nehk 2019 | Musik: privat
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