Am Horizont eine Ahnung
über Grenzen I.
Jeder Mensch hat Grenzerfahrungen – positive und negative. Positiv sind natürlich die, bei denen man Grenzen überwunden hat, sie abgebaut hat. In Deutschland erinnern wir uns in diesen Tagen wieder daran: Den 25. Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands könnten wir nicht feiern, wenn nicht 26 Jahre zuvor eine Grenze gefallen wäre. Die großen Anstrengungen, die Einheit auch in den Köpfen herzustellen, und auch die enormen wirtschaftlichen Anstrengungen und finanziellen Kraftakte, können die grundsätzlich positive Grenzerfahrung des Mauerfalls nicht schmälern. Und dann Europa: keine Generation zuvor hatte die Möglichkeit, sich so frei und ungehindert, so grenzenlos in Europa zu bewegen. Die Überwindung von Grenzen und ihr Abbau bringt die Menschen näher zusammen und fördert die Gemeinschaft der Völker.
Der Mensch lebt permanent in einem Zustand der Grenzüberschreitung. Mit den Sinnen verlässt er die engen Grenzen seines Körpers und erschließt sich seine Umwelt. Diese Offenheit seiner Grenzen ist für ihn lebensnotwendig. Er würde verkümmern, wenn er sich vollkommen in sein Innerstes zurückziehen würde. Der Mensch ist ein Wesen der offenen Grenze. Noch viel weiter öffnet sich der Mensch mit seiner Fähigkeit, Fragen zu stellen. Einfache zunächst, mit verständlichen Antworten. Jede Antwort aber birgt neue Fragen. Und so schreitet der Menschen voran und wandert in der Suche nach Antworten nicht nur aus den engen Grenzen seines Körpers, sondern auch aus den Bereich des sinnlichen Wahrnehmbaren aus - in eine grenzenlose Weite. Der Jesuitenpater Karl Rahner hat das so beschrieben: „Der unendliche Horizont menschlichen Fragens wird als ein Horizont erfahren, der immer weiter zurückweicht, je mehr Antworten der Mensch sich zu geben vermag.“
Es ist die Frage nach dem Woher und Wohin, die Frage nach dem Sinn, die den Menschen nicht ruhen lässt. Und am Horizont dieses weiten Feldes der Fragen und der Antworten taucht eine Ahnung auf: Hinter all dem steht eine grenzenlos wirkende Macht, der der Mensch seine Existenz und seinen Lebensraum verdankt. Das Wesen dieser Macht vermag der Mensch nicht zu ergründen. Er kann sie nur zaghaft „allmächtig“ und „allgegenwärtig“ nennen und wird sich mit ihrer Jenseitigkeit anfinden.
An dieser Grenze, die der Mensch mit seinem Forschen nach dem Woher und Wohin erreicht, offenbart sich ihm Gott selbst. Als ein Gott, der mehr ist als ein Schöpfer, mehr ist als der erste Beweger und mehr als eine gefühllose, blutleere Macht. Er ist ein Gott, der sich selbst entgrenzt, aus sich herausgeht, sich entäußert und dem Menschen entgegenkommt. In der Wüste begegnet er dem Mose im brennenden Dornbusch und offenbart ihm seinen Namen: Ich bin der Gott „Ich-bin-da“. Nicht fern, nicht uninteressiert an dem Schicksal seines Volkes. Nein, vielmehr hilfreich an seiner Seite. (Ex 3) Und der Beginn des Johannes-Evangeliums offenbart noch eine viel dichtere Nähe dieses Gottes. Das Wort Gottes, durch das alles geschaffen ist, er selbst, wird Fleisch und lebt unter den Menschen.
Gott überschreitet die Grenzen, die der Mensch von sich aus niemals überwinden könnte - zum Heil und zum Segen für die Menschheit.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
Foto: © nehk 2008; Musik: jamendo.com
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