Auf die Probe stellen
Das Stichwort "Mutprobe" erinnert mich an die Kindertage und Jugendzeit. Damals, in der sechziger Jahren, hieß der Freundeskreis noch nicht Clique, sondern Bande. Und wer dazugehören wollte, der hatte immer wieder eine Mutprobe zu bestehen. Auch die waren noch ganz unschuldig: Auf einen besonders hohen Baum klettern. Über ein Feuer springen oder durch glühende Asche laufen. Mit kurzen Hosen langsam durch ein Brennnesselfeld gehen.
Die Jugendzeit ist vergangen, die Bande aufgelöst, die Proben sind geblieben. In meinem Leben wird vieles auf die Probe gestellt. Nicht mehr so sehr mein Mut, mehr die Geduld und die Ausdauer, die Toleranz und die Nachsicht, die Bereitschaft zu vergeben, zu verzichten und die Fähigkeit mit Menschen auszukommen, die ich eigentlich nicht mag. Manchmal schein mir das ganze Leben eine einzige Probe zu sein. Auch und oft besonders ist der Glaube eine Probe für mich. Was wird von mir gefordert. Woran nicht alles muss ich mich halten, um ein "guter Christ" zu sein. Was soll ich nicht alles verstehen und hinnehmen in der Kirche - besonders in den letzten Wochen. Proben des Glaubens sind Proben des Vertrauens. Das haben die Menschen schon immer so empfunden. Gott stellt mich vor eine besonders heftige Herausforderung um mein Vertrauen in ihn zu erproben.
Die biblische Urgeschichte berichtet von der ersten Probe, die ein Mensch vor Gott zu bestehen hat. Es ist Abraham. Im ersten Buch der Bibel heißt es: "In jenen Tagen stellte Gott Abraham auf die Probe. Er sprach zu ihm: Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Gott sprach: Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst, Isaak, geh in das Land Morija, und bring ihn dort auf einem der Berge, den ich dir nenne, als Brandopfer dar." (Gen 22) Und es hört sich noch wie extra heftiger Stich in sein Vaterherz an, wenn Gott fordert: Ich will deinen Sohn, deinen einzigen, den du liebst.
Ich bin überrascht und erschüttert, wie schnell und unverzüglich sich Abraham auf den Weg macht, um diese Forderung Gottes zu erfüllen. Ohne Widerspruch. Ohne Nachfrage. Ganz ohne Frage ist dies eine Probe, die das Maß des Erträglichen überschreitet. Obwohl ich diese Bibelstelle kenne, fällt mir immer wieder ein Stein vom Herzen, wenn ich das Ende lese: Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel her zu: Abraham, Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Jener sprach: Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus, und tu ihm nichts zuleide! Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten. (Gen 22)
Natürlich stelle ich diese Frage: Was ist das für ein Gott, der von einem Vater so etwas verlangt? Der so mit der Liebe eines Menschen umgeht? Der Abraham, der die Menschen, der mich auf die Probe stellt um die Gewissheit zu bekomme, dass ich ihn fürchte. Aber jede Probe, die ich mit Gott durchlebe führt auch mich zu einer Gewissheit: Ich kann es mit diesem Gott aushalten. Ich weiche seinen Forderungen nicht aus - so schwer und so schwierig zu verstehen sie auch sind. Ich nehme nicht nur dankbar das Gute und das Angenehme aus seiner Hand an, sondern habe das Vertrauen in seine Liebe auch in den schweren Situationen. Ich will den Glauben an Gott nicht nur ausprobieren. Ich will den Mut haben, ihn in den Proben zu stärken.
Lutz R. Nehk
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