Der in der Mitte
Eine Meditation
Er steht in der Mitte zwischen Rechts und Links, zwischen Oben und Unten. Er steht in der Mitte, weil Rechts und Links und Oben und Unten es nicht mehr miteinander können. Das Tischtuch ist durchgeschnitten. Der Gesprächsfaden ist abgerissen. Man hat sich hoffnungslos zerstritten und ist dabei, sich auseinander zu leben. Der in der Mitte ist die letzte Möglichkeit, etwas zu heilen.
Weil der in der Mitte in der Mitte steht, heißt er Mittler - Vermittler. Seien Aufgabe ist es, vorsichtig und behutsam ein Gespräch zu beginnen, Dinge zu ordnen, die richtigen Fragen zu stellen, Missverständnisse zu klären und ein Atmosphäre zu schaffen, in der nicht gleich jeder hochgeht, wenn der andere etwas sagt, was ihm nicht passt. In vielen Fällen ist so ein Mittler erfolgreich, kann Eltern und Kinder, Familien wieder zusammenbringen. Kann die bösartige Stimmung in einem Kollegium wieder in Ordnung bringen. Ja, sogar in der ganz großen Politik kann ein Vermittler verfeindete Länder wieder an den Verhandlungstisch bringen und vielleicht sogar Frieden schaffen und Versöhnung.
Das Verhältnis zwischen Gott und Mensch wird in der Bibel oft als ein ständiger Konflikt dargestellt. Das Volk Israel, auserwählt das „Volk Gottes“ zu sein, wird diesem Anspruch nicht gerecht. Mose muss sich den Vorwurf Gottes anhören: „Ich habe mir dieses Volk angesehen. Ja, es ist ein halsstarriges Volk.“ (Dtn 9,6) Der hl. Stephanus formuliert es in der Rede, die zum Anlass seiner Steinigung wird, besonders drastisch: Ihr Halsstarrigen, ihr, die ihr euch mit Herz und Ohr immerzu dem Heiligen Geist widersetzt, eure Väter schon und nun auch ihr.“ (Apg 7, 51) Wo, wenn nicht hier, wird einer gebraucht, der sich in die Mitte stellt, zwischen Gott und Mensch? Einer, der es übernimmt, das Verhältnis neu zu ordnen und neue Gemeinschaft zu stiften.
Der Apostel Paulus sieht den Mittler in dem "Menschen Christus Jesus". (1Tim 2,5) Er ist von Gott eingesetzt, weil er sich nicht damit abfinden will, den Konflikt mit den Menschen einfach so fortzusetzen und zu einem Dauerzustand werden zu lassen. Das vielmehr ist die Intention Gottes: "Er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen." (V 4) Diese Wahrheit gilt für Paulus: "Einer ist Gott." Er verweist damit auf das erste Gebot: Ich bin der Herr dein Gott. Diese Wahrheit in ihrer ganzen Größe und Schönheit und in ihrer rettenden Macht darzustellen, das ist die Aufgabe des Mittlers: "Einer ist Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus."
Für diese Aufgabe ist er bestens ausgestattet. Keiner kennt die Liebe Gottes so sehr wie er, und es kennt auch keiner so gut wie er, wie zerrissen der Mensch sein kann von Sehnsucht nach Geborgenheit in Gott und dem Hochmut, selber Gott sein zu wollen. Der Mittler ist auf beiden Seiten zu Hause. Er ist der Christus, der Gesalbte Gottes, und er ist der Mensch Jesus von Nazareth. Als Gott weiß er, wie weit er gehen kann, ja, wie weit er gehen muss, um die rettende Versöhnung zu erreichen. Paulus schreibt: „Er hat sich als Lösegeld hingegeben hat für alle.“ (1Tim 2,6) Er hat es nicht beim Reden, beim Gedankenaustausch belassen. Er ist mit seiner ganzen Person eingestiegen. Und als Mensch weiß er, wie empfindlich, ja zerbrechlich der Mensch sein kann. Deswegen ist seine Botschaft nicht die Härte Gottes, sondern seine Barmherzigkeit. Er sucht die, die verloren gegangen sind. Er wendet sich denen zu, die mühselig und beladen sind. Der „Mensch Christus Jesus“, der Mittler Gottes in unserer Mitte. Ein Zeichen der Hoffnung für unsere zerrissene Welt.
Lutz R. Nehk
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Foto: © Gabi Schoenemann_pixelio.de Musik: jamendo.com
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