Der Löwe frisst Stroh wie das Rind
Über die Harmonie der Adventszeit
Der Advent setzt auf Harmonie. Ohne sie funktioniert er nicht. Licht, Musik, Stimmung - alles ist darauf ausgerichtet, den Menschen zur Ruhe kommen zu lassen. Alles Laute und Schrille ist ihm fremd. Da aber, wo es Zwietracht und Streit gibt, wird die Harmonisierung zu einer Aufgabe. Damit es einigermaßen stimmt, was die Menschen singen: „In den Herzen wird's warm, still schweigt Kummer und Harm ..."
Auch in den biblischen Lesungen der Adventsgottesdienste werden uns Bilder einer harmonischen Welt vor Augen gestellt: „Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind.“ (Jes 11, 6-7) Allerdings wird hier beim Propheten Jesaja von der Endzeit gesprochen, die als das Wahrwerden der ewigen göttlichen Harmonie erwartet, ja ersehnt wird.
Noch ist es nicht so weit. Noch sind die Erfahrungen eben andere, die Unruhe stiften und Angst verbreiten, die die Welt in arm und reich aufteilen, in satt und hungrig, in „sicheres Leben“ und „auf der Flucht“. Die alljährlichen Harmonieerfahrungen des Adventes können auch eine Paste sein, die über die Falten und Risse des Angesichts der Erde geschmiert wird, damit man all das nicht sieht.
Eine Lesung aus dem Römerbrief des Apostels Paulus gibt mir einen wichtigen Hinweis, worum es im Advent geht. Wo der Advent eine Erneuerung anstößt, die über diese vier Wochen hinausreicht. Paulus schreibt: „Der Gott der Geduld und des Trostes schenke euch die Einmütigkeit, die Christus Jesus entspricht.“ (Röm 15, 5) Die Einmütigkeit, von der hier gesprochen wird, ist zunächst einmal ein Hinweis für die christliche Gemeinde, damals und heute. Hier sind Streit und Zwietracht am falschen Platz. Es geht aber nicht um eine innere heile Welt, sondern um einen Dienst an der Welt. Die Erfahrung von Eintracht und Einmütigkeit soll ermutigend in sie hinein getragen werden. So kann sie zu einem Dienst an den Menschen werden.
Paulus sagt auch, wie das funktioniert: „Darum nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat.“ (V7) Ich kann in zwei Richtungen wirken. Ich kann mich eines Menschen annehmen, indem ich mich seiner Sorgen und Nöte annehme. Auch indem ich seine Fragen ernst nehme und mit ihm nach Antworten suche.
Den Anderen annehmen heißt aber auch, ihn so annehmen, wie er ist. Eintracht und Einmütigkeit sind ja nicht Uniformität und Gleichschaltung. Nein, es ist die Gabe der Achtung und des Respekts vor dem Anderssein der Anderen, die von mir erwartet wird. Das Wort von der „bunten Vielfalt“ hört sich etwas abgegriffen an, bringt es aber nach wie vor auf den Punkt. Adventliche Harmonie kann also eine Herausforderung und Einübung sein, die über die „o du fröhliche, o du selige Zeit“ hinausgeht.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
09.12.2019 | Foto: Nehk 2019 | Musik: privat
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