Die Seelen der Gerechten
Ich lese in der Bibel: "Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand und keine Qual kann sie berühren." (Weih 3,4) Und dann höre ich mir ein Requiem der großen Komponisten an. Da wird gesungen: "Dies irae, dies illa …" - Tag des Zornes, Tag der Sünde …
Welch ein Graus wird sein und Zagen,
wenn der Richter kommt mit Fragen,
streng zu prüfen alle Klagen!
Laut wird die Posaune klingen,
durch der Erde Gräber dringen,
alle hin zum Throne zwingen.
Und ein Buch wird aufgeschlagen:
Treu darin ist eingetragen
jede Schuld aus Erdentagen.
Weh! Was werd' ich Armer sagen?
Welchen Anwalt mir erfragen,
wenn Gerechte selbst verzagen?
Wenig gilt vor dir mein Flehen.
Doch aus Gnade lass geschehen,
dass ich mög' der Höll' entgehen!
Besonders in dem Requiem von Guiseppe Verdi wird mir bei diesem Gesang Angst und Bange. Schneidende Trompetenstöße, dröhnende Paukenschläge, kreischende Geigen - wie Blitz und Gewitter gleichzeitig überrollt mich die Musik und treibt mir das Bibelwort aus dem Sinn - Die Seelen der Gerechten sind in Gottes Hand und keine Qualen kann sie berühren.
Was ist da nur passiert, dass am Ende nicht die Zuversicht steht, sondern Furcht und Zittern? Das hat etwas mit der Sünde des Menschen zu tun und mit der Lehre der Kirche von der "Sündenschuld" und den "Sündenstrafen". Während man die Schuld zum Beispiel im Bußsakrament vergeben bekommt, muss die Strafe abgearbeitet werden. Im Mittelalter ist man auf die Idee gekommen, dass man diese Strafe auch abzahlen kann. In dem System des "Ablasshandels" wurde das ganze auf die Spitze getrieben. Wer sich von den Sündenstrafen "freigekauft" hatte, dem stand das Tor des Himmels offen. Allen anderen wurde die bedrohliche Szene des "dies irae" - des "Tages der Rache" vor Augen gestellt. Die Barmherzigkeit Gottes war sozusagen außer Kraft gesetzt.
"Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?" - diese Frage hat sich Martin Luther gestellt, als er den Ablasshandel zum Anlass seines Protestes gegen die Kirche seiner Zeit nahm. Eine Antwort hat er bei Paulus gefunden. Da heißt es im Römerbrief: "Dem, der Werke tut, werden diese nicht aus Gnade angerechnet, sondern er bekommt den Lohn, der ihm zusteht. Dem aber, der keine Werke tut, sondern an den glaubt, der den Gottlosen gerecht macht, dem wird sein Glaube als Gerechtigkeit angerechnet." (Röm 4,4f) Für Paulus gibt es keine Alternative zum Glauben. Er allein ist der Schlüssel zum Heil. Kein Mensch kann sich in den Himmel einkaufen. Der Glaube allein macht gerecht.
Paulus folgt da einem Wort Jesu. In einem Gespräch mit Marta, der Schwester seines verstorbenen Freundes Lazarus, sagt Jesus: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben." (Joh 11, 25) Jesus selbst gibt also diesen Gedanken vor: Der Glaube an ihn ist ausschlaggebend für das ewige Leben.
Im November gedenken wir an verschiedenen Tagen der Verstorbenen. Damit ist auch immer die Fürbitte verbunden, dass Gott sie aufnehme in das Reich seines Friedens. Gott möchte doch auf den Glauben schauen, den niemand von uns ermessen kann. So wird auch in jeden Gottesdienst gebetet: „Wir empfehlen dir jene, die im Frieden Christi heimgegangen sind, und alle Verstorbenen, um deren Glauben niemand weiß als du.“ (Hochgebet VI) Wir bitten: Der Glaube werde ihnen als Gerechtigkeit anerkannt und so sollen sie als Gerechte in Gottes Hand sein.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
Foto: © Nehk 2011 / Musik: jamendo.com
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