Ein Freund des Lebens
In der Stadt ist es immer hell, auch nachts. Als Mensch der Großstadt ist das für mich ein ganz besonderes Ereignis: den vollen Sternenhimmel sehen. Das geht nur, wenn keine Wolken da sind und ringsherum kein Licht stört. Dann kann man es wirklich sehen, dass es da oben ziemlich voll ist. All die Sterne, die mit bloßem Auge zu erkennen sind - unzählig an Zahl. Kaum vorstellbar: sie sind nur ein ganz winziger Teil der Himmelskörper in der Unendlichkeit des Raums um uns herum. Ich muss meine Phantasie schon sehr anstrengen, um mir diesen weiten, diesen vollen Raum vorzustellen. Und es wird mir klar: Wir sind klein, ganz klein. Winzig, wie ein Stäubchen.
Mit dieser Einsicht, besser noch: mit dieser Erfahrung von Weite und Enge, von Größe und Winzigkeit beschreibt das biblische Buch der Weisheit das Verhältnis des Menschen zu Gott: "Herr, die ganze Welt ist ja vor dir wie ein Stäubchen auf der Waage, wie ein Tautropfen, der am Morgen zur Erde fällt." (Weish 11, 22)
Ich, ein Winzling, ein Stäubchen, der vor dieser Erhabenheit und Größe Gottes erschrickt. Ja, so hätten sie es gerne, die , die den Menschen Gottesfurcht predigen – damals wie heute. Gottesfurcht, nicht als Zeichen der Verehrung und Hochachtung, sondern als Ausdruck der Angst vor ihm. Angst vor Bestrafung, Angst davor, verworfen zu werden, Angst vor Hölle, Tod und Teufel. Viele Menschen sind mit einem solchen Gottesbild groß worden und leiden noch heute darunter.
Doch das Buch der Weisheit wäre kein weises Buch, wenn es kein besseres Wissen über Gott für mich bereithalten würde. Und so lese ich es da: "Gott, du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von allem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehasst, so hättest du es nicht geschaffen." (Weish 11,24) Das kann Gott einfach nicht: Seine Geschöpfe verwerfen, sie als minderwertig oder unwichtig ansehen.
Ja, das stimmt und das sagt und mir mein Verstand: Ich bin klein und winzig vor Gott. Aber: Ich bin für ihn nicht unbedeutend, bin ihm nicht gleichgültig. Und deswegen geht dieser Gott auch achtsam mit mir um. Auch dann, wenn ich schuldig geworden bin vor ihm und an den Menschen. Wenn ich dem Anspruch an Liebe und Gerechtigkeit nicht genug getan habe. Auch dann bin ich geachtet in seinen Augen, sagt das Buch der Weisheit: "Du hast mit allen Erbarmen, weil du alles vermagst, und siehst über die Sünden der Menschen hinweg, damit sie sich bekehren. Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist, Herr, du Freund des Lebens" (Weish 11, 23.26)
Jesus, der Sohn dieses Gottes, ist als Bestätigung dieser weisen Rede über Gott Mensch geworden. Er sagt von sich: "Der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist." (Lk 19,10) Er lässt die Menschen die Weite Gottes erfahren.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag anhören: MEDITATION
Foto: © Nehk , Musik: jamendo.com
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