Einen Augenblick bitte
Der Kairos
Wie lange dauert ein Augenblick? Genau kann man das gar nicht sagen, nur soviel: Er ist nicht lang. Einmal hingesehen und schon ist er wieder vorbei. Aber er hat sich festgesetzt in der Erinnerung. Wir sprechen von diesem einen Augenblick, wenn wir davon berichten, was geschehen ist, was sich da verändert hat, wie das Leben eine Wende genommen hat - zum Guten oder zum Schlechten. Es sind vielleicht Erfahrungen und Stimmungen, die ich gerne festgehalten hätte, in denen ich das Werden und das Vergehen anhalten möchte, um in der Gegenwart dieses Augenblicks zu verweilen. Ein Thema ganz großer Dichtung: „Und Schlag auf Schlag! Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön!“ - Johann Wolfgang von Goethe - Faust.
Das hat die Menschen schon immer beschäftigt: Die Kraft und die Bedeutung des Augenblicks, diese Zeitspanne, in der sich alles entscheidet. Er wird einem nur ein einziges Mal geschenkt. Jetzt oder nie. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Augenblick nicht als Laune des Zufalls geachtet wird. Er hat seinen Ursprung im Willen einer höheren Macht, einer Gottheit; ja, im Willen des einen Gottes selbst. In der griechischen Mythologie ist der „Kairos“ der „günstige Zeitpunkt“ für eine Entscheidung. Dargestellt wird er als Jüngling mit lockigem Haar und mit einer Waage in der Hand. Sein Hinterkopf ist kahl geschoren. Man muss diesen Knaben, diesen Augenblick, diese Gelegenheit beim Schopf packen. Ist er vorbeigegangen, dann bekommt man ihn nicht mehr zu packen, dann ist er unwiederbringlich vorbei.
In der jüdischen und in der christlichen Religion ist Gott, der einzige Gott, Herr der Zeit. Meine Zeit liegt in seinen Händen. Das kann mir Ruhe und Gelassenheit geben, macht mein Leben aber nicht langweilig. Ich durchlebe Zeiten, Phasen, Epochen, Höhen und Tiefen, Lachen und Weinen. Und immer auch geht es um die Entscheidungen, wie mein Lebensweg weiter geht. Wann kann, wann muss ich loslassen? Wann kann, wann muss ich durch ein neues Tor gehen? Wann kann, wann muss ich eine Entscheidung treffen?
In seinen Briefen stellt der Apostel Paulus den Leuten immer wieder Entscheidungssituationen vor Augen. Gerne benutzt er dabei das Wort „Jetzt“. Also nicht nachher, nicht später, nicht irgendwann. „Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade.“ (2Kor, 6,2) „Die Stunde ist gekommen, aufzustehen vom Schlaf. Denn jetzt ist das Heil uns nahe.“ (Röm 13,11) Und er fordert die Leute auf, die Werke der Finsternis abzulegen und anzulegen die Waffen des Lichts. Heil und Licht, sind die entscheidenden Begriffe.
Es ist meine Bitte an Gott, dass ich sie erkenne, die rechten Augenblicke des Heils und des Lichtes. Dass ich die Gelegenheit des Lebens immer wieder am Schopf packe.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
Foto: © prinz 2015, Plastik "Kairos" im Garten der Rudolfstraße; Musik: jamendo.com
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