Geknechtet
MEDITATION über auferlegte Last
Der Knecht und die Magd - diesen Beruf gibt es heute wohl nicht mehr. Auf jeden Fall würde man sie nicht mehr so nennen. Alte Menschen können sich vielleicht noch daran erinnern. Damals, auf den großen Gütern und Bauernhöfe, gab es Mägde und Knechte. Und in den Märchen kommen sie noch vor, als die, die für Könige und Mächtigen arbeiten. Die Bezeichnung "Diener" trifft das Berufsbild nicht ganz. Das ist zu fein, zu vornehm. Da denkt man einen livrierten Herrn, der den Mantel abnimmt und Tee serviert. Die Magd und der Knecht sind mehr für das Grobe zuständig. Sie machen die Drecksarbeit, die kein anderer machen will. Ihre Hände, ihr Gesicht, der ganze Körper sind von schwerer Arbeit gezeichnet. Lob und Anerkennung hören sie selten. Meist wird nur im Befehlston mit ihnen gesprochen.
Es gibt Menschen, die finden sich ganz unvermittelt in dieser Rolle wieder. Vielleicht nicht so drastisch, nicht so grob geschnitzt, aber doch in der Funktion gleich. Ihnen wird eine Last auferlegt, über die zuvor keiner mit ihnen gesprochen hat, um sie darauf vorzubereiten. Sie müssen funktionieren, ob sie wollen oder nicht. Sie sind das Ende der Befehlskette. Hinter ihnen kommt keiner mehr, dem sie diese Aufgabe weiterreichen könnten. Vielleicht ist das die allein erziehende Mutter. Das können die Kinder sein, die sich um den dementen Vater oder die Mutter kümmern müssen. Denen es das Herz bricht, weil das mit der professionellen Pflege nicht klappt. Das kann die Nachbarin sein, die die einzige ist, mit dem sich die Witwe nach dem Tod des Mannes noch unterhalten kann.
Die Aufgaben, die einen "knechten", können so unterschiedlich sein. Und obgleich man da raus will, diese Last abschütteln möchte wie einen nassen Mantel, merkt man doch: Das geht nicht. Da ist kein anderer mehr, der dann beistehen würde, der sich einsetzten würde, der Geborgenheit und Liebe schenken würde. Es gibt ja so viele Menschen, die tapfer tragen, was ihnen aufgetragen und zugemutet wird.
Der Knecht spielt eine entscheidende Rolle in der Bibel. Ohne den "Knecht Gottes" gibt es keinen Weg zur Befreiung und zur Erlösung. Wen Gott beruft, der wird sein Knecht: "Seht, das ist mein Knecht, den ich stütze; das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen." (Jes 42,1) Beim Propheten Jesaja findet sich dieses "Lied vom Gottesknecht". Immer schon wurde es auf Jesus hin gedeutet. Er ist der Knecht, der tut, was keiner tun will. Er ist der Knecht, der gehorsam seinen Auftrag erfüllt. Er ist der Knecht, auf den Gott seinen Geist gelegt hat und der ihn stark macht.
Den Geist der Stärke gibt Gott denen, die heute unvermittelt und ungefragt in die Knechtsgestalt gesteckt werden. Nicht weil es für sie angenehm ist, sondern, weil es anderen wohl tut, sie aufrichtet, ihnen Hoffnung macht, ihr Leben bewahrt. Und der Gottesknecht im Lied des Jesaja nimmt die Rolle an und darf erfahren: Mein Gott ist meine Stärke. (Jes 49,5)
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag anhören: MEDITATION
Foto: © Florentine_pixelio.de , Musik: jamendo.com
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