Gnadenkrümel
Bei jeden großen Festessen bleiben Reste übrig. Lieber Reste, als dass die Gäste nicht satt werden und denken, man müsse sparen. Und mit etwas Geschick lässt sich aus den Resten dann auch noch mal ein leckeres Essen zaubern. Interessanterweise spielen Essensreste auch in der Bibel eine Rolle. Am bekanntesten sind wohl die vielen vollen Körbe, die nach der wunderbaren Speisung der 5000 Männer plus Frauen und Kindern mit nur fünf Broten und zwei Fischen übrig bleiben. Der Evangelist Markus berichtet: "Als die Jünger die Reste der Brote und auch der Fische einsammelten, wurden zwölf Körbe voll." (Mk 6, 43)
Um wesentlich weniger geht es in eine Stelle aus dem Matthäusevangelium (Mt 15, 21-28). Eine Frau bittet Jesus um die Heilung ihrer Tochter. Sie gehört nicht zum Volk Israel und Jesus ist zunächst sehr abweisend: "Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt." Die Frau lässt sich aber nicht abweisen. Sie fällt vor Jesus auf die Knie und bittet inständig: "Herr, hilf mir!" Die Antwort Jesu ist ungewohnt hart und verstörend: "Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen." Hier wäre für viele das Gespräch beendet. Doch die Frau reagiert: "Ja, du hast Recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen." Diese Frau setzt alles dran, damit er ihrer Tochter hilft, diesen bösen Dämon loszuwerden. Sie bitte nicht um die volle Zuwendung. Vielmehr vertraut sie darauf, dass auch der kleinste Rest, gewissermaßen die Brotkrümel der Gnade und des Erbarmens, ihr und ihrer Tochter helfen können. Jesus gibt nach: "Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, soll geschehen. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt."
Matthäus berichtet diese Begegnung nicht, um auch eine Sturheit Jesu nachzuweisen. Es geht vielmehr um die Frau und deren Erwartung und beharrliche Bitte an den Gott Israels. Es ist ja doch kein kleinlicher, kein geiziger Gott - darauf vertraut sie. In Jesus Christus ist dieser Gott Israels der Gott des neuen Gottesvolkes geworden. Die Kirche, das neutestamentliche Gottesvolk, darf den Menschen die ganze Fülle der Gnade vermitteln. Das volle Programm. In einem Kirchenlied (Gotteslob neu, 798 ostdeutscher Anhang) wird davon gesungen:
Dein Gnad, dein Macht und Herrlichkeit,
o Herr, uns aller hoch erfreut.
Du großer Gott, hast uns erhört,
durch deine Güte reich beschert.
Von ganzem Herzen danken wir hierfür,
o Gott und Vater, dir.
Gelobt sei, Herr, dein Güt und Macht,
die uns so gnädiglich bedacht!
Es gibt Menschen, die kommen mit Bitten und Anliegen zur Kirche, wie die heidnische Frau zu Jesus. Sie wissen, sie haben keinen "Anspruch", weil sie vielleicht gar nicht zur Kirche gehören, nicht getauft sind, aus welchen Gründen auch immer. Aber sie vertrauen darauf und hoffen, dass von dem, womit Gott die Kirche so reich beschenkt hat und womit die Kirche die Menschen reich beschenkt, dass davon ein wenig "Restgnade" auch für sie da ist. Wir sind doch keine kleinliche, keine geizige Kirche.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
Foto: © Nehk 2014, Musik: musopen.com
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