Ich höre dir zu
Meditation zur Fastenzeit II
Ganz richtig wird gesagt: Wir leben in einem Kommunikationszeitalter. Unüberschaubar ist nicht nur die Masse der Informationen, die hin und her geht. Unfassbar sind auch die Geschwindigkeit, mit der mich eine Nachricht erreicht und die Distanz, die sie dabei überwindet. Ganz egal wo auf der Welt ich bin und wo mein Gesprächspartner ist, ich kann mit ihm Gedanken austauschen, als säße er mir gegenüber. Macht er aber nicht - und damit beginnt ein Problem. Das Unmittelbare, das Direkte geht verloren. Ich kann mich während unseres Gesprächs mit ganz anderen Dingen beschäftigen. Ich muss mich nicht mehr auf ihn konzentrieren, sondern kann gleichzeitig auch mit anderen Leuten „chatten“. Eine Unterhaltung, ein Gespräch ist das meistens ja nicht. Die Kommunikation geht über das geschriebene Wort. Möglichst schnell antworten, in kurzen Sätzen oder nur einem Wort, am besten mit einer Abkürzung oder einem Symbol.
Die Kunst des Zuhörens geht verloren. Sie braucht Zeit und Geduld. Sie verlangt von mir die Fähigkeit, mich zurück zu nehmen und nicht gleich mit meiner Antwort auf dem Sprung zu sein. Es sind nicht nur meine offenen Ohren, sondern auch mein offenes Herz gefragt.
Das Volk Israel war davon überzeugt: Unser Gott kann zuhören. Die Götter der Völker ringsherum sind nur Gold und Silber, mehr nicht. Sie sind ein Machwerk von Menschenhand. „Sie haben einen Mund und reden nicht, Augen und sehen nicht; sie haben Ohren und hören nicht, eine Nase und riechen nicht; mit ihren Händen können sie nicht greifen, mit den Füßen nicht gehen, sie bringen keinen Laut hervor aus ihrer Kehle.“ (Ps 115, 4-7)
Der Gott Israels ist aufnahmebereit. Mose begegnet Gott in der Wüste in einem brennenden Dornbusch. Hier offenbart sich Gott als der Hörende. Sein Zuhören bewirkt Befreiung, Heilung, Hilfe. „Der Herr sprach: Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne ihr Leid. Und jetzt geh! Ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus!“ (Ex 3, 7.10)
Jesus ist ein Prediger. Das Sprechen vor großen Gruppen, vor der Volksmenge ist sein Beruf. Doch in der Begegnung mit einzelnen Menschen wird er zum Zuhörer. Er fragt: Was kann ich für dich tun? Obwohl es bei den meisten Begegnungen offensichtlich ist, was ihnen fehlt, dass sie krank sind und geheilt werden wollen. Er gibt ihnen zuerst die Gelegenheit von sich zu erzählen, von ihrem Leben, von ihren Sorgen - und er hört ihnen zu.
Vielleicht ist das für einen Menschen einmal eine ganz überraschende Mitteilung, vielleicht sogar ein Geschenk: Ich höre dir zu. Du kannst reden. Ich unterbreche dich nicht. Ich bin auch innerlich nicht schon wieder ganz woanders. Das Zuhören können hat etwas Göttliches.
Lutz R. Nehk
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Foto: © bistum erfurt Musik: privat
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