Ich möchte wieder sehen können
Es gibt Sehstörungen, die kommen nicht von den Augen. Wenn einer den Überblick verloren hat, dann hat das nichts mit den Augen zu tun. Auch nicht, wenn man Tomaten auf den Augen hat, der Blick ins Leere geht oder man mit offenen Augen träumt. All das hat etwas mit meinem Bezug zur Wirklichkeit zu tun. Der ist hier beeinträchtigt, vielleicht sogar ganz abhanden gekommen. Ich kann oder will nicht mehr sehen, was wirklich Sache ist.
Es geht um die Wirklichkeit des eigenen Lebens, um Übertreibung und Vernachlässigung: Lebensstil, Suchverhalten, Kommunikationskultur, Gesundheit, Körperpflege, Kleidung, Konsumverhalten. Es geht auch um die anderen. Was ich ihnen schuldig bin, wo sie mir vertrauen möchten, wo sie auf mich angewiesen sind, wo ich Verantwortung für sie habe – wenn einer diesen Platz in der Gemeinschaft aus dem Blick verloren hat, leiden andere darunter.
„Herr, hab’ Erbarmen mit mir! Ich möchte wieder sehen können!“ So ruft der blinde Bettler Bartimäus in den Straßen von Jericho nach Jesus. (Mt 10, 46 -52) Und als die Leute sagten, er soll doch still sein, rief er noch lauter und ließ nicht locker: Hab Erbarmen mit mir. Es ist nicht immer der laute Schrei nach Hilfe und Erbarmen, den einer ausstößt, wenn er entdeckt: Wie ein Blinder gehe ich durch mein Leben und bin bettelarm geworden. Es ist ein stilles, inneres Entsetzen über sich selbst, das den Wunsch nach Einsicht weckt.
Jesus hört den blinden Bartimäus. Und jetzt machen ihm auch die Mensch Mut: Auf, er ruft dich! Und er springt auf und läuft auf Jesus zu. „Ich möchte wieder sehen können.“ Das ist sein Wunsch nach dem Jesus ihn fragt. Bartimäus sieht in der Begegnung mit Jesus eine einmalige Chance. So eine Gelegenheit kommt nicht wieder. Wenn du jetzt nichts tust, dann machst du nie mehr was. Dann bleibt alles beim Alten.
Das stille Entsetzen über die eigene Blindheit, das ist vielleicht genau diese Chance des Bartimäus: Du musst jetzt etwas tun. Du musst jetzt sagen: Ich möchte wieder sehen können. Jesus hat zu Bartimäus gesagt: „Dein Glaube hat dir geholfen. Im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen.“ Es war der Glaube an einen Gott, der eines Menschen Leben nicht verkommen lässt. Es war gewiss aber auch der Glaube an sich selbst, den Bartimäus nicht aufgegeben hat.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
Foto: © wrw_pixelio.de
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