Kein Mensch ohne Leib
Zweiter Fastensonntag
"Einen Leib hast du mir gegeben" - spricht Christus beim Eintritt in die Welt. (Hebr 10,5) Damit beschreibt er die selbstverständlich Voraussetzung des Menschseins. Ohne Leib ist keiner Mensch. Die Seele allein macht den Menschen nicht aus. Es gibt sie immer nur im Verbindung mit dem Leib. Nur die Leiblichkeit erschließt mir die Welt, in der ich lebe. Sie ist die Quelle aller sinnlichen Erfahrungen – und damit auch die Quelle von Freud und Leid, von Erfahrungen die mich als ganzen Menschen prägen – mit Leib und Seele.
Die Fastenzeit vor dem Osterfest ist eine Zeit, die den Leib mehr als sonst in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Das beginnt ja schon am Aschermittwoch mit dem Aschenkreuz. Der Mensch wird in diesem herben Akt daran erinnert, dass Leiblichkeit auch immer Vergänglichkeit ist. Oder besser: dass die Erfahrung von Vergänglichkeit zuerst mit dem Leib wahrgenommen wird. Ganz bildhaft beschreiben das die Psalmen: "Des Menschen Tage sind wie Gras, er blüht wie die Blume des Feldes. Fährt der Wind darüber, ist sie dahin; der Ort, wo sie stand, weiß von ihr nichts mehr." (Ps 103, 15f)
Obwohl immer wieder betont wird, dass die Fastenzeit nicht auf das "Fasten des Leibes" beschränkt werden darf, dass die Werke der Nächstenliebe und der Frömmigkeit in den Augen Gottes gleich viel wert sind, obwohl also die Enthaltsamkeit allein kein Fasten ist, spielt der Leib doch immer wieder die Hauptrolle. Ganz bestimmt wird darin ein ganz großes Bedürfnis des Menschen deutlich, seinem Körper etwas Gutes zu gönnen. Nicht durch erhöhte Zufuhr von Genuss und feinen Speise, sondern durch Beschränkung und Verzicht. Es ist die Frage nach der Freiheit, die hier mitschwingt. Wie frei bin ich, meine Bedürfnisse zu steuern und sie zu bestimmen? Es ist auch die Frage nach der Natürlichkeit. Was bleibt von meinem Leib, wenn ich ihm alle Wohltaten an die ich ihn gewöhnt habe – an die ich mich gewöhnt habe –, für eine Zeit entziehe?
Es ist schon ein heftiger Vorwurf, den ich in der Bibel lese. Da heißt es im Philipperbrief: "Ihr Gott der Bauch …" (Phil 17,19) Das gibt es offensichtlich schon seit biblischen Zeiten, dass Menschen ihren Körper zum Mittelpunkt der Welt erklären. Leiblichkeit als einziger Lebenszweck. Es ist auf jeden Fall richtig und wichtig, dass ich meinem Leib Aufmerksamkeit schenke, auf ihn achte und keinen Raubbau treiben. Meine Persönlichkeit, mein Individuum ist aber mehr. Der Leib lässt mich die Vergänglichkeit erfahren. Das ist die Botschaft des Aschermittwochs. Paulus sagt es so: Wir haben hier keine Bleibe, "unsere Heimat ist im Himmel". (Phil 17,20) Das ist meine Aussicht, dass ich Gemeinschaft mit Gott habe. Sie überdauert die Zeit, missachtet aber nicht die Vollständigkeit meiner Person. Denn auch der Leib, mein Leib hat eine Zukunft, so sagt Paulus: Jesus Christus, der Herrn, wird meinen armseligen Leib verwandeln in die Gestalt seines verherrlichten Leibes. (vgl. Phil 17, 21) Es ist diese Perspektive, die die Konzentration der Fastenzeit auf den Leib begründet.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag anhören: MEDITATION
Foto: © Nehk 2013 / Musik: jamendo.com
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