Mit Körpereinsatz

In diesen Tagen des Advent hat besonders ein Wort Konjunktur: Besinnlich. Man wünscht sich "besinnliche Stunden" oder eine "besinnliche Zeit", einen "besinnlichen Advent" und, je näher Weihnachten kommt, ein "besinnliches Fest". Es ist der Wunsch, dass man Gelegenheit hat, die besondere Stimmung dieser Zeit zu genießen und auszukosten. Diese Spannung von Dunkelheit und Kerzenschein, von Kälte draußen und einer warmen Stube drinnen, die besonderen Gerüche und Farben, die es eben nur zu dieser Zeit im Jahr gibt. ƒBesinnlich" heißt: Mit den Sinnen wahrnehmen. Zu sehen. Zu hören. Zu schmecken. Zu fühlen. Das ist Genuss mit Körpereinsatz!

Aber, auch der Kopf ist gefragt. Der Mensch soll sich besinnen. Das heißt, er darf neu den Sinn dieser Zeit bedenken. Der Frage nachgehen: Worum geht es hier eigentlich? Was ist der tiefe Sinn von Advent und Weihnachten? Was bleibt übrig, wenn die Lichter ausgehen, wenn die Weihnachts-CD zu Ende ist, wenn man Zimtsterne und Spekulatius nicht mehr sehen kann? Der Wunsch einer ƒbesinnlichen Zeit" spricht also den ganzen Menschen an. So wie es Johann-Sebastian Bach in einer Arie des Weihnachtsoratoriums singen lässt: Frohe Hirten, eilt, ach eilet, eh ihr euch zu lang verweilet, eilt das holde Kind zu sehn! Geht, die Freude heißt zu schön, sucht die Anmut zu gewinnen, geht und labet Herz und Sinnen! (BWV 248, Nr. 15) Ja, wenn das Herz und die Sinne dabei sind, dann bin ich ganz dabei. Mein Körper und mein Geist.

Der dritte Sonntag der Adventszeit ist von der Freude geprägt. Das geht zurück auf eine Lesung aus dem Brief des Paulus an die Thessalonicher. Hier ruft der Apostel den Menschen zu: Freut euch zu jeder Zeit! (1Thess 5, 16) In diese Haltung soll der Mensch durch die Zeit gehen, zu jeder Zeit. In dieser besinnlichen Zeit kann das wieder in den Blick kommen: Die Freude darüber, dass Gott in seinem Sohn einer von uns geworden ist. Ganz! Mit Herz und Sinnen. Und Gott hat an mir, an mir mit all dem, was mich ausmacht, Interesse. Auch das, schreibt Paulus seiner Gemeinde, ist ein Grund zur Freude: Der Gott des Friedens heilige euch ganz und gar und bewahre euren Geist, eure Seele und euren Leib unversehrt, damit ihr ohne Tadel seid, wenn Jesus Christus, unser Herr, kommt. (1Thess, 5, 23) Besinnlicher Advent meint, sich ganz und gar, mit Haut und Haaren, mit Leib und Seele auf Gott hin ausrichten.

Lutz R. Nehk



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