Opferbereit
Fastenzeit II.
Ich bin jedes Mal von neuem von der Geschichte bewegt, obwohl ich sie kennen und obwohl sie ein gutes Ende nimmt: Abraham soll seinen einzigen Sohn opfern. Das fordert Gott von ihm. Und Abraham macht sich auf, zu dem Ort, den Gott ihm zeigt. Er bereitet alles für das Opfer vor, schichtet das Holz auf und legt seinen Sohn Isaak darauf. Auf dem Höhepunkt der Spannung berichtet die Bibel: „Schon streckte Abraham seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten. Da rief ihm der Engel des Herrn vom Himmel her zu: Abraham, Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Jener sprach: Streck deine Hand nicht gegen den Knaben aus, und tu ihm nichts zuleide! Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen einzigen Sohn nicht vorenthalten.“ (Gen 22, 10-12) Mir fällt ein Stein vom Herzen. Statt seines Sohnes Isaak bringt Abraham einen Widder zum Opfer dar.
Dennoch, das ist eine bizarre Geschichte. Was Gott da von Abraham verlangt ist befremdlich: Den eigenen Sohn opfern. Den Sohn, den er sich so sehnlich gewünscht hat. Das Kind auf das er alle seine Hoffnung setzt. Wie kann Gott das von einem verlangen, als Zeichen der Gottesfurcht? Ja, so einen Gott wird man eher fürchten als ehren oder gar lieben. Das verstehen zu wollen oder zu sollen, das geht aus menschlicher Sicht an die Grenze des Erträglichen.
Das Opfer des Abraham gehört zur Vorgeschichte der Passion Jesu. Es führt uns gefühlsmäßig an die Grenze des Erträglichen, die Gott selbst überschritten hat. Gott hat von Abraham die Hingabe seines Sohnes gefordert, aber Isaak verschont. Was er als Zeichen der Gottesfurcht fordert, das vollendet er selbst aus Liebe zu den Menschen. Der Apostel Paulus beschreibt das in dem Brief an die Römer mit nur einem Satz: „Er hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“ (Röm 8, 32) Der Gott, der Opferbereitschaft fordert, ist selber opferbereit.
In der Vorbereitungszeit auf Ostern wird auch immer wieder über Opfer und Opferbereitschaft nachgedacht. Opfer des Verzichts, der Gottes- und der Nächstenliebe gehören zum Programm dieser Zeit. Nicht als Leistung, sondern mehr als Einübung in eine Haltung, die zum Geben bereit ist. Das ist die Frage an mich: Was bin ich bereit zu geben? Wie weit kann ich gehen? Wo ist meine Grenze?
Viele Menschen werden sich die Opfer nicht aussuchen können. Sie werden ihnen vom Leben selbst abverlangt: Die alten Eltern. Ein krankes Kind. Ein Freund, der in Not geraten ist. Eine Ungerechtigkeit, die einem keine Ruhe lässt. Und, und, und … Da ist so vieles, was von den Menschen Hingabe verlangt, die oft an die Grenzen geht – aus Ehrfurcht vor dem Leben, vor den Würde des Menschen und der Einmaligkeit der Schöpfung. Hingabe, die einem selbst nichts einbringt, aber doch so viel gibt.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
Foto: © Nehk 2012 / Musik: jamendo.com
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