Sich selbst sehen können
Der nahende November schlägt vielen Menschen aufs Gemüt und lässt existenzielle Fragen hochkommen. Provoziert auch durch die Gedenktage, die uns mit Tod, Ende und Ewigkeit beschäftigen. Da stehe ich plötzlich mit meinem Leben vor mir. Sehe die Zeit, die verstrichen ist. Schaue voll Hoffnung auf die Jahre, die noch vor mir liegen. Und manchmal kommen da diese Gedanken: Sein Leben wieder bewusster in die Hand nehmen. Es in den Grifft bekommen. Frei werden von fesselnden Abhängigkeiten und lähmenden Gewohnheiten. Wieder durchatmen können, einen klaren Blick bekommen. Nicht immer muss dazu ein konkreter Anlass bestehen. Es ist vielleicht mehr so ein allgemeines Seufzen. Aber wenn wirklich etwas geschehen soll, wenn sich wirklich etwas ändern soll, dann muss ich die Initiative ergreifen.
In der Bibel wird mir von einem Mann berichtet, der mich beeindruckt, weil er genau wusste, was er wollte. Es ist der blinde Bettler Bartimäus. Wage hat hatte er vielleicht schon mal etwas von Jesus gehört. So eine Erscheinung spricht sich ja schnell herum. Und nun ist Jesus in seiner Stadt, in Jericho. Eigentlich schon wieder auf dem Weg in einen anderen Ort. Am Stadttor, da wo Bartimäus sitzt und um Almosen bittet, da kommt er vorbei. Und Bartimäus nimmt seinen ganzen Mut zusammen. Ruft aus vollem Hals, den Namen Jesu: Sohn Davids, hab Erbarmen. Leute fühlen sich belästigt. Er soll schweigen, sagen sie. Doch er ruft hoch viel lauter - und wird erhört. Jesus ruft ihn herbei. Und als ob sein Problem schon gelöst sei, wirft er seinen Mantel weg und läuft auf Jesus zu. Was soll ich dir tun, fragt Jesus ihn. Ich möchte wieder sehen können. Da sagt Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dir geholfen. Im gleichen Augenblick kann er wieder sehen, und er folgt Jesus auf seinem Weg. (Mk 10, 51-52)
Das Schicksal des Bartimäus ist nicht mein Schicksal - äußerlich. Aber das ist natürlich auch ein Bild für die innere Blindheit, die Orientierungslosigkeit und dem Wunsch nach einem freien Blick. Eben das, was trübe Novembergedanken an mich herantragen. Wird mir da mein Glaube helfen, so wie er dem blinden Bartimäus geholfen hat?
Ein erster Gedanke ist, dass ich vor Gott einen Wert habe. Und das, ohne irgendwie glänzen zu müssen. Mein Ansehen vor Gott ist unabhängig von einer Leistung. Ein zweiter Gedanke ist, dass Gott Interesse an mir hat. So wie Jesus Bartimäus zu sich gerufen hat, weil er wissen wollte: Was kann ich für dich tun. Ein dritter Gedanke ist: Ich kann mich auf das verlassen, was mir Gott als Begabungen geschenkt hat. Das, was mein Leben ausmacht, woran ich mich festhalten kann und wieder einen festen Grund bekomme, werde ich bei mir selbst finden. So könnte meine Antwort auf die Frage Jesu sein: Herr, ich möchte mich selbst wieder sehen können.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
Foto: © Nehk 2011 / Musik: jamendo.com
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