Stark und mächtig – sanft und freundlich
Pfingsten 2020
Lukas mag es laut und kräftig. Im Bericht des Evangelisten über die Geburt des Gottessohnes Jesus in der Einsamkeit des Stalles bei Betlehem, bleibt es nicht bei der beschaulichen Stille, die die heilige Familie umgibt. Plötzlich ist da bei den Hirten auf dem Feld „ein Engel des Herrn“, umgeben von einem „großen himmlischen Heer“. Das versetzt die Hirten in Aufregung. Der himmlische Chor stimmt den mächtigen Lobgesang an: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lk 2,14) Ein optischer und akustischer Paukenschlag, markiert den Beginn einer neuen Zeit.
Pfingsten, das Geburtsfest der Kirche, setzt Lukas in seiner Apostelgeschichte in ähnlicher Weise in Szene. Lautstark und auffällig: „Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. […] Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie waren fassungslos vor Staunen […].“ (Apg 2, 1-7) Die Lautstärke und die Stimmung müssen einen Grad erreicht haben, wie es manchmal bei ausgelassenen Feiern zugeht. So empfinden es einige Zuschauer: „Sie sind vom süßen Wein betrunken.“ (V 13)
Lautstark und auffällig – das ist nicht jedermanns Sache. Vor allen Dingen im Umfeld von Religion und Kirche kann das schnell übergriffig und anmaßend erscheinen. Triumphalistisch. Wer im Heiligen Geist eher eine sanfte, dem Menschen innewohnende Kraft sieht, wird beim Evangelisten Johannes fündig. Er stellt die Geistsendung zeitlich in den Zusammenhang mit der Auferstehung Jesu. Es ist der Abend des Ostertages. Das Gerede der Frauen über das leere Grab hat die Jünger verunsichert. Sie sind versammelt und halten die Türen geschlossen, aus Furcht vor den Leuten. Und dann: Jesus „trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!“ (Joh 20, 19)
Es kommt zu einer etwas formal erscheinenden Amtsübergabe: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Ob die Jünger ahnen, was da auf sie zukommt? Welcher Anspruch! Welches Vertrauen! „Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!“ (V 22) Mit dieser „Einhauchung“ des Geistes schlägt Johannes den großen Bogen, zu dem Motiv, mit dem er sein Evangelium begonnen hat: „Im Anfang war …“ Hier: Anfang der Existenz des Menschen – die Einhauchung des göttlichen Geistes. „Da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.“ (Gen 2,7) Später wird der Apostel Paulus von der „neuen Schöpfung“ sprechen: „Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ (2Kor 5,17)
Was bei Johannes in einem kleinen Kreis beginnt, gewissenmaßen im internen Bereich der jungen Kirche, das soll natürlich auch seine Auswirkung haben in der Welt. Die Kirche der Apostelgeschichte des Lukas und die Kirche des Evangelisten Johannes werden sich in der Welt ihrer Zeit treffen. Sie treffen sich in der Welt aller Zeiten. Und der Geist wird je nachdem erscheinen – stark und mächtig oder sanft und freundlich.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
31. Mai 2020 | Foto: © Nehk 2020 / Musik: privat
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