Starke Schwäche
Ich kann den Menschen gut zuhören. Ich bin ziemlich geduldig. Pflanzen fühlen sich bei mir wohl und kochen kann ich auch ganz gut. Das würde ich wahrscheinlich antworten, wenn mich jemand nach meinen Stärken fragen würde. Bei der Frage nach den Schwächen wäre ich wohl nicht ganz so offenherzig. Darüber spricht man nicht so frei. Eigentlich fragt man auch keinen so direkt danach. Jeder weiß sicherlich um seine Schwächen. Aber die öffentlich einzugestehen, das ist unangenehm.
Und dann lese ich in der Bibel: "Ich will mich meiner Schwachheit rühmen" - Der Apostel Paulus will das. Ohne dazu gezwungen zu werden, aber doch nicht ohne Grund. Er leidet gewiss nicht unter Minderwertigkeitskomplexen und muss auch aus der Not keine Tugend machen: Hast du keine Stärken, dann sei so stark, deine Schwächen einzugestehen. Nein, das muss Paulus nicht. Er weiß ganz genau, dass er seine Sache gut macht. Dass die Botschaft, die er verkündet, etwas Einzigartiges ist und er den Hang dazu hat, deswegen überheblich zu sein. Aber irgendetwas bremst ihn, schlägt ihn zurück. Er spricht von einem Stachel im Fleisch, von einem Boten Satans. Das lässt ihn zur Besinnung kommen: Du Paulus, es ist nicht allein deine Leistung und nicht allein dein Erfolg, wenn die Menschen sich zu Gott bekehren. Es ist die Gnade Gottes, die dich stark macht.
Die Botschaft Gottes braucht keine Stärke im menschlichen Sinne. Im Gegenteil. Das Erfolgsrezept scheint eher dies zu sein: Je schwächer ein Mensch ist, desto stärker ist die Glaubwürdigkeit seines Zeugnisses. Für diesen Weg entscheidet sich Paulus: "Ich will mich also meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt. Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark." (2Kor 12, 10f)
Paulus hat begriffen, dass er nur auf diesem Weg authentisch die Botschaft Jesu verkünden kann, weil Jesus selbst auf jedes Machtmittel und jede Einflussnahme durch Connections verzichtet hat. Seine Botschaft war so einfach, dass sie für die Weisen und Klugen, die Starken und Mächtigen ein Rätsel blieb. Bei den anderen aber kam sie an. "In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast." (Mt 11, 15)
"Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark." Funktioniert das denn wirklich? Hat es den schon funktioniert? Da fallen mir Menschen ein, wie Mahatma Gandhi, wie Mutter Teresa und wie der heilige Franziskus. Und ich denke heute an all die vielen Helden der Menschlichkeit und Liebe, die ohne viel Aufhebens und Trara die Welt jeden Tag ein Stück besser machen.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
Foto: Uta Herbert pixelio.de / Musik: musopen
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