Versöhnung - Geschenk und Aufgabe
MEDITATION zur Karwoche
Am Sonntag beginnt mit dem "Palmsonntag" die Karwoche. Höhepunkt und Abschluss der 40-tägigen Fastenzeit, die mit dem Aschermittwoch begonnen hat. Die verbleibenden Tage sind eine Gelegenheit, mich noch einmal auf das Hauptanliegen Gottes zu besinnen. Warum hat er denn das alles mit der Menschwerdung seines Sohnes, mit seinem öffentlichen Wirken, mit der Verurteilung, der Hinrichtung und dem Tod, mit der Auferstehung von den Toten, der Himmelfahrt und der Gabe des heiligen Geistes gemacht? Was war sein Anliegen?
Es geht Gott um Erneuerung. Die alten Wege des Glaubens, die alten Gottesbilder, die alten Formen der Verehrung sind hinfällig geworden. Gott, der Ferne, der Richter und Rächer, der Mächtige und Furchtgebietende, trennt den Menschen von Gott, lässt ihn auf Distanz zu ihm gehen. Mit dem Zeichen der Menschwerdung ist die "Nähe" das alles entscheidendes Merkmal Gottes geworden. In Christus ist Gott in der Welt. Das ist das ganz Neue.
Der Apostel Paulus spricht sogar von einer "neunen Schöpfung", also einer Erneuerung von Grund auf. Jeder, so sagt er, der mit Christus verbunden ist, ist eine solche "neue Schöpfung". Er schreibt an die Korinther: "Wenn jemand zu Christus gehört, gehört er schon zur neuen Schöpfung. Das Alte ist vergangen. Seht doch! Etwas Neues ist entstanden!" (2Kor 5,17) Gott hat das möglich gemacht, weil er durch Christus die Menschen mit sich versöhnt hat.
Versöhnung ist das Schlüsselwort, das das trennende Tor zwischen Gott dort und dem Menschen hier aufschließt. Sie löst all die Spannung von Schuld und Sünde, von Verdammnis und Verwerfung auf. Noch einmal Paulus: "Ja, in Christus war Gott selbst am Werk, um die Welt mit sich zu versöhnen. Er hat den Menschen ihre Verfehlungen nicht angerechnet. (2Kor 5,19)
Die Versöhnung ist eine Geschenk und eine Aufgabe. Das lehrt die Erfahrung: Versöhnung muss immer wieder erneuert werden. Deswegen versteht Paulus den Dienst der Christen ihn der Welt als einen Versöhnungsdienst: “Wir treten also anstelle von Christus auf. Es ist, als ob Gott selbst die Menschen durch uns einlädt. So bitten wir anstelle von Christus: Lasst euch mit Gott versöhnen!" (2Kor 20-21)
Was aber ist eine Versöhnung mit Gott wert, wenn die Versöhnung unter den Menschen nicht klappt?
Geht das: Ein Mensch, total mit Gott im Einklang, aber mit seinen Mitmenschen im Dauerkonflikt? Mit Gott versöhnt, aber mit den Menschen zerstritten? Es gibt eine Art Versöhnungsformel, mit der sich gewissermaßen der Grad der Versöhnung bestimmen lässt. Viele Menschen kennen sie, sprechen sie täglich einmal oder auch mehrmals: "… und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern." Es ist dieser eine Satz aus dem Vaterunser, diese eine der drei Bitten: um das tägliche Brot, um Versöhnung und um den Schutz vor dem Bösen.
"Die Schuld gehört zu unserem Leben, wie das tägliche Brot. So bitter nötig wir das Brot haben, so bitter wirklich ist die Schuld." - schreibt der Jesuitenpater Alfred Delp in einer Betrachtung zum Vaterunser. So erscheint die tägliche Bitte um Vergebung und Versöhnung mehr als sinnvoll. Die Vergebung aber, die ich von Gott erbitte, ist an eine eigene Leistung gebunden, an die Selbstverpflichtung: "… wie auch ich meinen Schuldigern vergebe".
Das Vaterunser ist ein biblisches Gebet. Jesus selbst hat es seinen Jüngern beigebracht. Er sagt: Wenn ihr betet, dann macht nicht viele Worte. Konzentriert euch auf das Wesentliche. Und wesentlich sind das Brot und die Versöhnung. Der Evangelist Matthäus überliefert den ursprünglichen Text, in dem Jesus noch eine hilfreiche Deutung gibt: "Vergib uns unsere Schuld – so wie wir denen vergeben haben, die uns gegenüber schuldig geworden sind. Wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben. Wenn ihr den Menschen aber nicht vergebt, dann wird euer Vater euch eure Verfehlungen auch nicht vergeben." (Mt 6, 12.14-15)
Jesus hat hier der individuellen Komponente der Versöhnung eine soziale vorangestellt, sie gewissermaßen zu einer Bedingung gemacht. Verzeihung und Versöhnung mit Gott kann erst dann wirksam werden, wenn die Versöhnung mit meinem Mitmenschen gelungen ist. Das ist für mich ein wichtiger Hinweis, dass mein Glaube an Gott nicht ausschließlich meine persönliche Angelegenheit ist. Immer sind auch der Andere im Spiel und die Gemeinschaft. Ein Menschen, der mit anderen im Streit ist, kann nicht im Einklang mit Gott sein.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag anhören: MEDITATION
Foto: © Nehk 2014, Musik: jamendo.com
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