Warten auf die Einheit
Die Zeit zwischen Christi Himmelfahrt und dem Pfingstfest – sie ist wie eine kleine Adventszeit. Die Jünger sind nach Jerusalem zurückgekehrt und die Stimmung ist nicht schlecht. Der Evangelist Lukas berichtet von großer Freude und davon, dass sie ständig im Tempel waren. Diese Weisung hatten sie als die letzten Worte ihres Meisters gehört: 2Ihr aber bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet!“ (Lk 24,49) Also ist erst einmal Warten angesagt.
Dennoch werden da auch Fragen gewesen sein: Wie geht es weiter? Was ist jetzt unsere Aufgabe? Wo fangen wir an, die to-do-Liste abzuarbeiten. Und wie das immer ist, wenn man eine Trennung zu verarbeiten hat, es waren auch die Erinnerungen da. Ganz bestimmt an die lange Abschiedsrede Jesu beim letzten Abendmahl, das sie mit ihm gefeiert haben. Wie er sein Verhältnis zu seinem Vater im Himmel beschrieben hat. Von seinem Fortgang hat er gesprochen. Und immer wieder von dem Gebot der Liebe und von der Einheit. Ja, die muss bewahrt werden, die Einheit untereinander. Gemeinschaft und Zusammenhalt! Darum hat Jesus seinen Vater im Himmel inständig gebeten: „Heiliger Vater, alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein. Sie sollen eins sein, wie wir eins sind.“ (vgl. Joh 17,21f)
Damit geht Jesus offensichtlich auf eine Sehnsucht des Menschen nach Harmonie ein. Es ist besser, wenn man sich einig ist. Es ist nicht gut, wenn man sich entzweit. Mit den Wahlen zum Europäischen Parlament am vergangenen Sonntag ist uns wieder das große Projekt der europäischen Einigung bewusst geworden. Die Chancen und Vorteile dieser Einheit, aber auch die Schwierigkeit, sich tatsächlich einig zu werden und auseinanderstrebende Kräfte in den Griff zu bekommen. Im November dieses Jahres wird der 30. Jahrestag des Mauerfalls begangen. Die einen werden die gewonnene deutsche Einheit feiern. Andere werden auf die nach wie vor bestehenden Unterschiede der Lebensverhältnisse in Ost und West aufmerksam machen und mehr Gerechtigkeit einfordern, ohne die es keine Einheit gibt.
Und am Pfingstfest wird auch das wieder besonders zur Sprache kommen: Die Uneinigkeit der Kirchen. „Alle sollen ein sein.“, - das ist eine Bitte Jesu und keine Zustandsbeschreibung. Denn durch die Jahrhunderte der Geschichte der Christenheit hindurch ist diese Einheit eher ein Problem. Nicht so sehr die Einheit des Menschen mit Gott - dem Vater und dem Sohn. Sondern das „Untereinander der Einheit“ steht einstweilen noch als Idealzustand am fernen Horizont. Aktuell ist die eine Kirche aufgespalten in verschiedene christliche Bekenntnisse. Das Unvermögen, diese Spaltung zu überwinden, das Unvermögen diese Verschiedenheit in einer Einheit zu verbinden, ist für viele ein Ärgernis.
Jesus spricht davon, dass die Einheit eine „Vollendung“ ist. Vielleicht hat er die Schwierigkeiten vorhergesehen. Umso mehr aber müssen die Christinnen und Christen der unterschiedlichen Kirchen heute diesen „unvollendeten“ Zustand als eine dringende Aufgabe erkennen. Noch einmal: „Was ist jetzt unsere Aufgabe? Wo fangen wir an, die to-do-Liste abzuarbeiten.“ – werden sich die Jünger nach der Himmelfahrt Jesu gefragt haben. Heute muss die Antwort lauten: Genau da, wo unsere streitbaren Vorfahren die Einheit aufs Spielgesetzt haben.
Lutz R. Nehk
Hier können Sie den Beitrag auch anhören: MEDITATION
01.06.2019| Foto: Nehk 2019 | Musik: jamendo.com
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